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Was ist künstlerische Präsenz? Und wie lässt sie sich auf einer Bühne wirkungsvoll aktualisieren? Wodurch wäre eine gelungene künstlerische Performance gekennzeichnet? Derartige Fragen haben seit der Corona-Krise eine neue Qualität angenommen. Sie verweisen auf eine zunehmende Integration digitaler Medien in den klassischen Konzert- und Theaterbetrieb und lassen die Schwierigkeit einer trennscharfen Unterscheidung von ›echter‹ und ›simulierter‹ Wirklichkeit in den Künsten greifbar werden. Dementsprechend fragt das Seminar nach den Möglichkeiten, zeitgemäße Formen der Bühnenpräsenz und Performativität ebenso theoretisch wie praktisch zu bestimmen. Es kann sich dabei auf eine Fülle philosophischer Literatur zum Thema beziehen, was deutlich macht, dass es sich bei der Frage nach der Präsenz um ein wesentliches Problem der metaphysischen Tradition handelt, das sich bei jedem Mal aktualisiert, wenn wir eine künstlerische Bühne betreten …
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Das Patriarchat wankt. Zugleich scheint es über die rätselhafte Fähigkeit zu verfügen, sich immer wieder in Form bizarrer Widergänger zu erneuern. Seit geraumer Zeit wird dieser Umstand anhand der Gedankenfigur des »alten weißen Mannes« kritisch befragt, die darauf hinweisen möchte, dass eine Konzentration von Wissen, Macht und Kapital auch weiterhin an eine bestimmte Konfiguration von Geschlecht, Hautfarbe und Alter gekoppelt ist. Das Seminar geht dieser Gedankenfigur nach. Es versucht die Begriffsperson des alten weißen Mannes in der Literatur- und Philosophiegeschichte freizulegen und die Option einer dramatischen Attacke auf sie politisch-ästhetisch in Erwägung zu ziehen.
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Blindtext, Blindtext, Blindtext
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Im Anschluss an das Seminar »Das postödipale Theater« besteht für weiterführend Interessierte die Möglichkeit in eine genauere Lektüre des Buches Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie von Gilles Deleuze und Félix Guattari einzusteigen und sich dessen theoretisches Vokabular systematisch zu erschließen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den zahlreichen literarischen, musikalischen und theatralischen Bezügen innerhalb des Buches, die mit philosophischen, soziologischen und psychoanalytischen Themenfeldern verschränkt sind. Im Zusammenhang der gemeinsamen Lektüre soll unter anderem das Symposium anlässlich des 50-jährigen Erscheinens des Buches am 18.11.2022 an der Theaterakademie der HfMT gemeinsam vor- und nachbereitet werden.
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Symbolische Ordnungen, die in ihrer Logik auf Aspekte des sogenannten Ödipus-Komplex zurückzuführen sind, so wie er von Sigmund Freud in seiner psychoanalytischen Theorie beschrieben wurde, scheinen ihre Ressourcen durchgebracht zu haben. Patriarchale Strukturen zerfallen, autoritäre Begehrlichkeiten brechen ein, um sich lediglich in Form ihrer bizarren Wiedergänger (Populismus, Sexismus, territorialer Größenwahn) am Leben zu halten. Folgt man der ›Ljubljaner Schule‹ rund um Theoretiker:innen wie Slavoj Žižek, Alenka Zupančič und Mladen Dolar, dann sind die westlich-kapitalistischen Gesellschaften seit geraumer Zeit dabei, in ein ›postödipales‹ Stadium einzutreten, in dem sich die Über-Ich-Struktur der Subjekte nicht länger entlang von Verboten herausbildet, sondern durch einen Imperativ geleitet wird, der uns in einer paradoxen Weise zu genießen heißt.
Das Seminar fragt, inwiefern sich die Diagnose einer ›postödipalen Gesellschaft‹ auf eine aktuelle Ästhetik und Politik des Theaters beziehen lässt. Dabei soll eine eingehende Spurenlese ödipaler Motive in der Theater- und Literaturgeschichte (Sophokles, Voltaire, Artaud, Duras u.v.m.) mit einem Rekurs auf das Buch Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie von Gilles Deleuze und Félix Guattari verbunden werden, welches in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Einen weiteren Bezugspunkt bilden zwei kürzlich erschienene Sammelbände zum Thema, die den Diskurs zum ersten Mal in deutscher Sprache übersetzt zugänglich machen.
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Die geläufige Hypothese, dass die weltweite Expansion des Kapitalismus in dem Moment an ihre immanente Grenze stoßen würde, in dem sie sich global etabliert hat und den gesamten Erdball umfasst, muss offensichtlich korrigiert werden. Denn auch, wenn aktuelle Imperialismen an traditionellen Formen territorialer Ausweitung festhalten, sind sie doch insgesamt in ein neues Stadium eingetreten, das weniger einer extensionalen Logik des Raums, als einer intensiven Dynamik der Zeit zu gehorchen scheint. Durch Techniken der Spekulation und Verschuldung etwa, okkupiert das kapitalistische System die Zukunft seiner Subjekte. Die Zeit wird kolonisiert, indem alle erwirtschafteten ›Gewinne‹ im Zeichen eines Kredits erscheinen, dessen Begleichung ins Unbestimmte verschoben ist. Das Seminar fragt hier nach Möglichkeiten von ästhetischer Unterbrechung und künstlerischer Intervention, wobei das aktuelle Ineinanderspiel von ›Raum‹, ›Körper‹ und ›Kapital‹ ebenso thematisch wird, wie eine unlängst von Joseph Vogl vorgeschlagene »Artistik des Schwarzmalens«. Den theoretischen Bezugspunkt bilden Texte von Autor*innen, die gemeinhin dem französischen Poststrukturalismus zugerechnet werden (Manola Antonioli, Gilles Deleuze, Michel Foucault, Félix Guattari, Luce Irigaray, Anne Sauvagnargues u.a.).
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Das Seminar fragt aus aktuellem Anlass nach der Rolle, die Musik in Kriegszeiten spielt, aber auch danach, inwiefern sich militärische Strategien in musikalischen Formen sedimentiert haben könnten. Leitend wird dabei die These des Medientheoretikers Friedrich A. Kittler sein, dass durch kriegerische Handlungen im Laufe der Geschichte immer wieder »übertragungstechnische Innovationen« forciert werden, die sich dann nach und nach auch in anderen gesellschaftlichen und kulturellen Sphären etablieren. Auf welche Weise hat der Krieg die Entwicklung der europäischen Musikgeschichte geprägt? Auf der Grundlage eines historischen Abrisses der Beziehungen von ›Krieg‹ und ›Musik‹ sollen im Seminar neben materialen Analysen und einzelnen Werkausschnitten auch aktuelle Phänomene der (digitalen) Popkultur diskutiert werden, die sich explizit gegen den Krieg und die von ihm ausgehende, zerstörerische Dynamik richten. (Photo von Peter Dammann)
Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo BWV 1007-1012 bilden einen wesentlichen Bezugspunkt cellistischer Praxis, wovon unzählige Werkausgaben, Interpretationen und Aufnahmen zeugen. In kompositionstechnischer Hinsicht verweisen die Werke jedoch in gewisser Weise auf ein ›Problem‹. Um sein mehrstimmiges Konzept auf ein einstimmiges Melodieinstrument zu übertragen, muss Bach den ihm geläufigen musikalischen Satz komprimieren, reduzieren bzw. fragmentarisieren. So manch eine, harmonisch stützende oder kontrapunktisch kommentierende Stimme fällt dabei ›unter den Tisch‹: sie ist nur noch gedanklich zu erahnen und wird in eigentümlicher Weise ästhetisch ›virtuell‹. Das Seminar fragt nach den Möglichkeiten, ein mehrstimmiges Satzbild der Cellosuiten mithilfe von Generalbass und Kontrapunkt zu rekonstruieren. Es sollen Spielfassungen für verschiedene Besetzungen entwickelt werden, wobei insbesondere Fragen der Interpretation, Verzierung und Artikulation in den Fokus rücken. In methodischer Hinsicht werden Verfahren künstlerischer Musikforschung angewandt, die sich ausgehend von der instrumentalen Praxis experimentell mit dem satztechnischen Wissen befassen, das in Bachs Musik impliziert ist.
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Während sich aktuelle Musikästhetiken vor allem mit Aspekten musikalischer Erfahrung befassen, ist die Musikphilosophie Theodor W. Adornos dezidiert als Werkästhetik angelegt: Sie fragt nach der kompositorischen Verfassung musikalischer Kunstwerke, um sie als Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse zu interpretieren. Der musikalischen Analyse kommt in diesem Zusammenhang eine zentrale Stellung zu. Sie ist bei Adorno sowohl Reflexionsmedium als auch Vollzugsform einer ihr übergeordneten Gesellschaftskritik, die ihre Motivation aus den zu untersuchenden Werken gewinnt.
Das Seminar fragt nach der Aktualität eines derartigen Vorhabens. Es versucht, bestehende Analysen Adornos mit zeitgenössischen Musiktheorien abzugleichen, um auf diese Weise beide aufeinander zuzubewegen. Ins Zentrum rückt dabei unter anderem die Frage, auf welche Weise sich ›Werk‹ und ›Aufführung‹, ›Interpretation‹ und ›Notentext‹ im Zeitalter digitaler Repdroduktionstechnologien überhaupt noch sinnvoll voneinander unterscheiden lassen.
Digitale Technologien sind seit geraumer Zeit dabei, ihren Einflussbereich auf die Praxis musikalischer Interpretation auszuweiten. Sei es einaussagekräftiges Artist-Profil bei Instagram, seien es innovative Education-Formate auf Youtube oder das Live-Streaming von Konzerten in der Digital Concerthall – ohne Zugang zu digitalen Medien scheint eine Beteiligung am klassischen Konzertbetrieb zunehmend undenkbar zu sein. Durch die Corona-Pandemie hat sich diese Situation ökonomisch verschärft: in die Taten- und Belanglosigkeit verbannt, stellt eine digitale Interpretationspraxis für klassische Musiker*innen oftmals die einzige Möglichkeit dar, überhaupt noch an einem virtualisierten Konzertbetrieb zu partizipieren.
Das Seminar fragt – aus aktuellem Anlass – ebenso nach praktikablen Umgangsweisen mit dieser Situation, wie es ihr kritisch Grenzen zu ziehen sucht, die eine bedrohte ästhetische Freiheit verteidigen. Dabei dienen nicht nur eine Reihe aktueller Fallbeispiele als Ausgangspunkt. Es soll auch zu einer eingehenden Lektüre von Walter Benjamins 1936 publizierten Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit angesetzt werden, dessen Argumentation aktuell eine unerwartete Relevanz angenommen hat. Auf dieser Grundlage werden von den Seminarteilnehmer*innen ebenso zeitgemäße, wie ästhetisch ansprechende Videoarbeiten produziert, die erste Schneisen einer digitalisierten Interpretationspraxis schlagen.
Aus welchen produktionsästhetischen Differenzen generiert sich eine gelungene musikalische Interpretation‹? Inwiefern werden in ihr motorisch-technische Beziehungen relevant? Welche Resonanzräume lassen sich zwischen der affektiven Kinetik der Tonproduktion und einer in den Werkenfestgeschriebenen ›Kinetik des musikalischen Affekts‹ ausmachen?
Aufbauend auf dem Seminar »Phänomenologie der musikalischen Bewegung«, das pandemiebedingt im Sommersemester digital stattgefunden hat, sollen diese Fragen vertiefend diskutiert werden. Dabei rückt insbesondere die musikalische Praxis in den Fokus der Aufmerksamkeit. Diese soll mit philosophisch-musiktheoretischen Analysekategorien in Beziehung gesetzt werden, die im letzten Semester entwickelt worden sind. Sie sollen nun, in ihrem Ineinandergreifen im Seminar anhand praktischer Beispiele vorgestellt und kritisch evaluiert werden.
Vorlesungsverzeichnis Seminarplan Zusammenfassung
Wie kaum eine andere Kunstform ist Musik an Bewegungen gebunden. Sei es der Klang eines einzelnen Akkords, eine sich intensivierende Bogenbewegung oder die dynamische Gestaltung eines ausdrucksvollen Gesangs: Musik ist immer ›auf der Fahrt‹, motorisch-lebendig, sich selbst gegenüber verschoben. Sie entsteht in Zwischenräumen und entzieht sich einem griffigen theoretischen Vokabular, das ihre Streifzüge durch vibrierende Oberflächen und in Resonanz versetzte Körper begrenzen und definitorisch stillstellen will. Dennoch drängt sich die Frage nach dem Wesen der musikalischen Bewegung sowohl in der musikalischen Praxis, als auch in der musiktheoretischen Reflexion permanent auf: Inwiefern handelt es sich bei musikalischen Bewegungen um ein ›Phänomen‹? Wie lassen sie sich im Zwischenraum von Aufführung, Partitur und Publikum verorten? Auf welche Weise können musikalische Bewegungen mit philosophisch-wissenschaftlichen Bewegungstheorien und historischen Entwicklungen der Kompositionsgeschichte in Beziehung gesetzt werden? Ausgehend von einer Lektüre einschlägiger philosophisch-phänomenologischer Literatur (Husserl, Merleau-Ponty, Heidegger), sowie durch die Auseinandersetzung mit instrumentaltechnischen Fragen und Methodiken musiktheoretischer Analyse sollen im Seminar Grundzüge eines phänomenologischen Denkens der musikalischen Bewegung skizziert und praktisch evaluiert werden. Hierzu können – nach einführenden Vorüberlegungen – philosophische Texte mit konkreten Werkausschnitten in Beziehung gesetzt werden, die von den Seminarteilnehmer*innen aufgeführt und zur Diskussion gestellt werden. Ein Reader mit Textmaterial, sowie eine ausführliche Musikauswahl werden zu Beginn des Seminars zur Verfügung gestellt.
Was heißt also: Ästhetik? Ästhetik ist ungefähr seit der Mitte des 18. Jahrhunderts der Name für eine philosophische Disziplin, die sich mit den Bedingungen und Möglichkeiten »sinnlicher Erkenntnis« beschäftigt und zunehmend mit der Frage verbunden wird, was ein ›Kunstwerk‹ ist bzw. auf welche Weise sich ›Kunst‹ von ›Nicht-Kunst‹ unterscheiden lässt. Das griechische Wort aisthesis bedeutet bezeichnender Weise sowohl ›Wahrnehmung‹ als auch ›Empfindung‹, was jede Theorie des Ästhetischen von vorne herein einer begrifflichen Differenz aussetzt, die bis heute nicht müde wird eine gewisse Verwirrung zu stiften. Denn obwohl Wahrnehmung und Empfindung bzw. Perzeption und Affektion in jeder ästhetischen Erfahrung miteinander verschachtelt sind, verweise sie doch auf sehr verschiedene, letztlich niemals ganz miteinander in Einklang zu bringende Register des philosophischen Denkens. Dementsprechend vieldeutig ist auch der Begriff ›Ästhetisches Werturteil‹ mit dem wir uns befassen wollen ...
»Das Alltagsleben wird von einer Ethik des Musikalischen durchzogen. Diese kann sich in der Rede von ›guter‹ und ›schlechter‹ Musik bemerkbar machen bzw. zu Spekulationen darüber führen, inwiefern Musik dem sozialen Gemeinwesen förderlich ist oder ihm als ›Störung‹ zuwiderläuft. Die ›sittliche‹ Dimension der Musik lässt sich jedoch weder durch einen verbindlichen Kriterienkatalog erfassen, noch auf einen musikalischen ›sensus communis‹ beschränken. Immer schon sind ethische Urteile über Musik mit ästhetischen Wertsetzungen vermischt, wodurch eine Pluralität von Auffassungen darüber entsteht, was in musikalischer Hinsicht erstrebenswert ist und was nicht. In neuerer Zeit haben sich musikalische Subkulturen nicht nur bewusst ›schlechter‹ Stilmittel bedient, sondern auch aktiv ›böse‹, dem gesellschaftlichen Gut entgegengesetzte Positionen musikalisch ausgedrückt. Diese Positionen sind jedoch ständigen Relativierungen und Verschiebungen ausgesetzt. Sie setzen eine paradoxe Überlagerung verschiedener musikalischer Strömungen und Stile in Gang, die die Frage nach dem spezifischen ›Ethos‹ der Musik in je eigener Weise aufwerfen und ein vielschichtiges, näher zu analysierendes ›etho-ästhetisches‹ Plateau bilden. Im Seminar, das als Fortsetzung der Veranstaltung ›Musik und Macht II‹ im Sommersemester 2016 konzipiert ist, gleichzeitig aber auch einen Quereinstieg möglich macht, soll die ethische Dimension der Musik vertiefend diskutiert werden. Den Bezugspunkt bilden dabei neben klassischen philosophischen Texten von Aristoteles, Spinoza und Nietzsche auch aktuelle musikästhetische Überlegungen sowie Musikbeispiele, die mit der Frage nach einer Ethik der Musik in je spezifischer Weise in Verbindung gebracht werden können ...«
Im Seminar, das als Fortsetzung der gleichnamigen Veranstaltung im Wintersemester 2015/16 konzipiert ist, sollen die dort vorgeschlagenen Themenblöcke ›Körper‹, ›Kastration‹ und ›Kraft‹ vertiefend diskutiert und anhand verschiedener Musikbeispiele konkretisiert werden. Einen Schwerpunkt bilden dabei die musikdramatischen Werke Richard Wagners (u.a. Der Ring des Nibelungen, Die Meistersinger von Nürnberg, Parsifal), die vor allem in Bezug auf ihre antisemitischen Bedeutungsschichten und die mit diesen verbundenen politisch-ästhetischen Implikationen hin untersucht werden sollen.
Musik und Macht bilden eine Allianz, die erst noch zu entziffern ist. Während zeitgenössische Machtbegriffe in vielen ästhetischen Feldern breit diskutiert werden, ist die Musik von einer machttheoretischen Reflexion bislang weitgehend unberührt geblieben. Wie alle ästhetischen Dispositive geht aber auch Musik aus einer machtförmigen Disziplinierung hervor, die sich nur nachträglich entziffern lässt – und durch diese Entzifferungsarbeit permanent selbst erneuert. Doch inwiefern lässt sich in musikalischer Hinsicht überhaupt Macht ausüben? Und wo wird Musik selbst machtförmig kontaminiert bzw. durchstrukturiert? Gibt es eine Sphäre ›reiner‹, von allen Mächten unbehelligter Musik? Oder geht vielmehr jede musikalische Artikulation immer schon aus ihr vorausliegenden symbolischen Ordnungen hervor, die eingesetzt wurden, um klangliche Kräfte der Logik ökonomischer Zirkulationsbewegungen zu unterwerfen?
Musik ist seit ihren Anfängen immer wieder in enge Beziehungen mit Bereichen des Politischen eingetreten. Sie wurde im historischen Verlauf sowohl zum Machtin-strument herrschender Ideologien, als auch zum Vorboten und Vehikel sozialer Umbrüche und gesellschaftlicher Veränderung. Aus dieser Perspektive betrachtet erscheint Musik als zutiefst gespaltenes Medium: auf der einen Seite dient sie der Repräsentation und Legitimation gesellschaftlicher Herrschaft, auf der anderen Seite ist sie eine von revolutionärem Elan durchdrungene ästhetische Kraft. Im Seminar, das als Fortführung des Seminars aus dem letzten Semester konzipiert ist, soll das Verhältnis von Musik, Ökonomie und sozialen Bewegungen vertiefend diskutiert werden. Dabei rückt neben semiotischen und psychoanalytischen Überlegungen der Begriff des ›Virtuellen‹ in den Fokus: Von ihm ausgehend soll gefragt werden, wie sich auch in Zukunft Resonanzen zwischen musikalischen Phänomenen und gesellschaftlicher Veränderung ausbilden lassen.
Die Ergebnisse des Seminars werden im Laufe des Semesters im Rahmen von Abendveranstaltungen im GOLEM vorgestellt.
Musik und Macht bilden eine Allianz, die erst noch zu entziffern ist. Während zeitgenössische Machtbegriffe in vielen ästhetischen Feldern breit diskutiert werden, ist die Musik von einer machttheoretischen Reflexion bislang weitgehend unberührt geblieben. Wie alle ästhetischen Dispositive geht aber auch Musik aus einer machtförmigen Disziplinierung hervor, die sich nur nachträglich entziffern lässt – und durch diese Entzifferungsarbeit permanent selbst erneuert. Doch inwiefern lässt sich in musikalischer Hinsicht überhaupt Macht ausüben? Und wo wird Musik selbst machtförmig kontaminiert bzw. durchstrukturiert? Gibt es eine Sphäre ›reiner‹, von allen Mächten unbehelligter Musik? Oder geht vielmehr jede musikalische Artikulation immer schon aus ihr vorausliegenden symbolischen Ordnungen hervor, die eingesetzt wurden, um klangliche Kräfte der Logik ökonomischer Zirkulationsbewegungen zu unterwerfen?
In den von Gilles Deleuze und Félix Guattari im Laufe der 1970er Jahre gemeinsam verfassten Schriften zu ›Kapitalismus und Schizophrenie‹ (Anti-Ödipus, Tausend Plateaus) finden sich philosophische Konzeptionen des ›Körpers‹, die von herkömmlichen Begriffsverwendungen erheblich abweichen. Ein Körper kann den beiden Autoren zufolge »alles mögliche sein, es kann ein Tier sein, ein Klangkörper, es kann eine Seele oder eine Idee sein, es kann ein Textcorpus sein, ein sozialer Körper, ein Kollektiv […]«. Eine Grundlage für die von Deleuze und Guattari vorgenommene Verschiebung überkommener Körperverständnisse bildet eine intensive Auseinandersetzung mit Baruch de Spinozas Ethik, die mit zahlreichen Beispielen aus der Kunst des 20. Jahrhunderts enggeführt und kombiniert wird. Im Seminar, das als Fortsetzung des Seminars ›Was vermag ein Körper?‹ aus dem vergangenen Semester geplant ist, soll Deleuzes und Guattaris Aneignung spinozistischer Konzepte vertiefend rekonstruiert und anhand verschiedener künstlerischer ›Fallbeispiele‹ diskutiert werden. Dabei rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie sich die von Deleuze und Guattari im Anschluss an Spinoza entwickelten Körperbegriffe ästhetisch aktualisieren und konkretisieren lassen.
Noise ist Lärm, Geräusch, Krach und seit den 1980er Jahren ein Musikgenre, das die Auflösungstendenzen der musikalischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts (u.a. Futurismus, Dada, Musique concrète) sowie die radikalen Entwicklungen der populären Musik kulminieren lässt. Das Geräusch erscheint im Noise als ein von der sakralen, höfischen und schließlich bürgerlichen Musikkultur verworfener ›Rest‹, der in herrschende Klangregime einbricht und diese unterläuft. Darüber hinaus stört Noise als Rauschen akustische Informationsflüsse bzw. verweist lärmend auf die soziale Ökologie (post-)moderner Gesellschaften und deren Kritik.Insbesondere die Verwendung von Schall als Waffe und Kontrollinstrument ist in diesem Zusammenhang relevant sowie die Frage, wie sich Akustiken der Macht freilegen und wirkungsvoll unterbrechen lassen. Im Seminar soll – ausgehend von einer groben Nachzeichnung der Grundideen und Entwicklungslinien des Noise sowie seiner begriffsgeschichtlichen Kontextualisierung – u.a. diskutiert werden, inwiefern die durch Noise hervorgebrachten akustischen Gefüge zukunftsweisende ästhetische Perspektiven eröffnen können. Dabei rückt nicht zuletzt die Frage in den Fokus, wo Musik scheitert und zu Noise wird bzw. wo ein Rückfall in überkommene Klanganordnungen mit einem ›Musikalisch- Werden‹ des Noise verbunden ist. Neben philosophischen und musiktheoretischen Texten (u.a. von Gilles Deleuze, Theodor W. Adorno und Paul Hegarty) sollen im Rahmen des Seminars auch Musikerinnen und Musiker aus der Hamburger Noise-Szene zu Wort kommen: Sie werden eingeladen, ihre jeweiligen Arbeiten im Seminar zu präsentieren und die damit verbundene Auffassung des Noise zu erläutern.
Dem Körper wird in der Geschichte der Philosophie häufig eine untergeordnete Rolle zugewiesen. Ein Beispiel hierfür ist etwa die grundlegende Unterscheidung des ›Leibes‹ von einer höhergestellten ›Seele‹, die im moralischen Projekt der Beherrschung körperlicher Leidenschaften durch ein Bewusstsein ihre Verschärfung findet. In der Philosophie von Gilles Deleuze wird der Körper auf ganz andere Weise in Szene gesetzt: Er erscheint dort als philosophisches Modell, das dazu einlädt, die Grenzen des Denkens und Empfindens zu überschreiten. In seiner eigenwilligen Konzeption, die sich über geläufige Aufteilungen und Klassifizierungen hinwegsetzt (»Ein Körper kann alles mögliche sein, es kann ein Tier sein, ein Klangkörper, es kann eine Seele oder eine Idee sein, es kann ein Textcorpus sein, ein sozialer Körper, ein Kollektiv […]«), beruft sich Deleuze immer wieder und an zentraler Stelle auf Baruch de Spinozas Ethik, deren provokanteLehre des Körpers und seiner Vermögen er weiterzudenken versucht. Wie Spinoza geht auch Deleuze davon aus, dass der Körper »die Erkenntnis übersteigt, die man von ihm hat« bzw. davon, dass wir noch gar nicht wissen, »was der Körper alles vermag.« Im Seminar soll – ausgehend von der Lektüre entsprechender Passagen aus Deleuzes bzw. Deleuze/Guattaris Schriften (u.a. Spinoza oder das Problem des Ausdrucks in der Philosophie, Tausend Plateaus) sowie von Originalabschnitten aus Spinozas Ethik – Deleuzes fulminante Aneignung spinozistischer Konzepte in ihren Grundzügen rekonstruiert werden. In den Mittelpunkt rückt dabei die Frage, inwiefern sich die von Deleuze im Anschluss an Spinoza entwickelten Körperbegriffe (z.B. der »organlose Körper«) politisch aufgreifen und ästhetisch konkretisieren lassen.
Das musikdramatische Schaffen Richard Wagners bildet bis heute den Ausgangspunkt von polarisierenden künstlerischen Deutungen, kontrovers geführten ästhetischen Diskussionen und diametral entgegengesetzten politischen Positionsbestimmungen. Während die einen Wagners Konzeption des Musik-Theaters kategorisch ablehnen und den Totalitätsanspruch seines ›Gesamtkunstwerks‹ mit protofaschistischen und antisemitischen Intentionen in Verbindung bringen, verehren die anderen ihn als größten Revolutionär der Musikgeschichte und Schöpfer einer unvergleichlichen ästhetisch-politischen Utopie. Im Seminar soll – ausgehend von einer überblicksartigen Nachzeichnung der Grundideen und Entwicklungslinien des wagnerschen Musik-Denkens – die Frage aufgeworfen werden, inwiefern sich auch heute noch von einer ›Aktualität Wagners‹ sprechen lässt. Dabei wird die komplexe Überlagerung musikalischer, philosophischer und politischer Sinnschichten in seinen Werken und die Vielfalt der verwendeten Kompositionstechniken und künstlerischen Ausdrucksmittel in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Neben den Opern Wagners, seinen kunsttheoretischen Schriften sowie einer Auswahl von Ton- und Film-Dokumenten, sollen im Rahmen des Seminars auch aktuelle philosophische Texte zu Wagner (u.a. von Philippe Lacoue-Labarthe, Alain Badiou und Slavoj Zizek) diskutiert werden. Sie machen deutlich, dass die von Wagner ausgehenden Wege immer auch solche eines Nachdenkens über die Möglichkeit und Unmöglichkeit von Kunst sind.
Musik und Macht bilden eine Allianz, die erst noch zu entziffern ist. Während zeitgenössische Machtbegriffe in vielen ästhetischen Feldern breit diskutiert werden, ist die Musik von einer machttheoretischen Reflexion bislang weitgehend unberührt geblieben. Wie alle ästhetischen Dispositive geht aber auch Musik aus einer machtförmigen Disziplinierung hervor, die sich nur nachträglich entziffern lässt – und durch diese Entzifferungsarbeit permanent selbst erneuert.
Doch inwiefern lässt sich in musikalischer Hinsicht überhaupt Macht ausüben? Und wo wird Musik selbst machtförmig kontaminiert bzw. durchstrukturiert? Gibt es eine Sphäre ›reiner‹, von allen Mächten unbehelligter Musik? Oder geht vielmehr jede musikalische Artikulation immer schon aus ihr vorausliegenden symbolischen Ordnungen hervor, die eingesetzt wurden, um klangliche Kräfte der Logik ökonomischer Zirkulationsbewegungen zu unterwerfen?
Der Hardcore Punk entstand Ende der 1970er Jahre als Radikalisierung und Weiterentwicklung des Punk Rock. Bis heute hat er sich in verschiedene, teilweise nur noch schwer auf einen gemeinsamen Nenner zu bringende Musikstile und Subgenres aufgespalten. Überblickt man die Vielfalt der verschiedenen Ausprägungen, die sich unter dem Namen ›Hardcore‹ versammeln, so entsteht ein paradoxes Bild: Revolutionäre und progressive politische Absichten scheinen sich mit wertkonservativen und kulturkritischen ›Lifestyles‹ zu überschneiden, subtile und expressive musikalische Gesten reichen sich mit archaischen und stereotypen Ausdrucksformen die Hand. Im Seminar soll – ausgehend von einer groben Nachzeichnung der Grundideen und Entwicklungslinien des Hardcore – die Frage aufgeworfen werden, wie es in ästhetischer Hinsicht gelingen